MARK KNOPFLER LäSST SEINE GITARRE GESCHICHTEN ERZäHLEN

Der frühere Sänger der Dire Straits hat ein neues Soloalbum veröffentlicht. „One Deep River“ ist altmodisch, gediegen - und ziemlich schön.

Mark Knopfler ist eigentlich kein Gitarrist, sondern Bauchredner. Wenn er Gitarre spielt, lässt er sie Geschichten erzählen, keiner kann das so wie er; es ist ein bisschen, als zupfe er an den Saiten, damit sie ins Reden kommen. Man höre sich nur mal „Telegraph Road“ von seiner früheren Band Dire Straits an. Oder seine Solo-Nummer „Sailing To Philadelphia“. Das sind epische Musik-Erzählungen, bei denen der heute 74 Jahre alte Brite mit seinem Instrument im Duett singt.

Nun hat der in Glasgow geborene und in der Nähe von Newcastle aufgewachsene Knopfler eine neue Platte gemacht, sie heißt „One Deep River“, das Cover zeigt die Bogenbrücke über dem heimatlichen Fluss Tyne. Das Album ist altmodisch, gediegen, es dürfte Knopfler wenige neue Fans zuführen, aber es wird die bereits Hingegebenen sehr glücklich machen.

Gleich beim ersten Stück, „Two Pairs Of Hands“, kann man testen, ob die teuren Kopfhörer ihr Geld wert sind. Wenn Knopflers Bariton wie ein Besen über die Trommelfelle streicht, hat sich der Kauf gelohnt. Die zwölf Stücke sind liebevoll arrangiert, körperwarm produziert, und sie werden mit aller Seelenruhe und in größtmöglicher Unaufgeregtheit dargereicht. Knopfler erzählt in „Black Tie Job“ von seinen Anfängen als Lokalreporter, in „Smart Money“ klagt er über die veränderten Bedingungen im Showbiz, und der Titel „This One’s Not Going To End Well“ gibt treffend den Pessimismus seiner weltpolitischen Einschätzung wieder. Knopfler variiert Rock, Folklore und Country, und er ist noch ein bisschen wehmütiger als sonst.

Er hat sehr unter einer Covid-Erkrankung gelitten, er fühlt sich oft müde. Das letzte Album liegt sechs Jahre zurück, er hat viele Gitarren aus seiner Sammlung verkauft, seit mehr als vier Jahren trat er nicht auf, und auch künftig sind keine Live-Termine geplant. Das ist schade, denn in Knopflers melancholischen Kompositionen fühlt man sich geborgen, irgendwas Beschwichtigendes geht von ihnen aus, eine Menschenfreundlichkeit, etwas überzeitlich Gültiges. Es liegt ein besonderer Vibe darin, ein magisches Schwingen.

Zum Glück, so hört man, hat er in seinem Londoner Studio so viel Songs aufgenommen, dass bald eine EP mit weiteren Titeln erscheint.

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