POLEN: DIE BESTEN TIPPS FüR EINE REISE NACH MASUREN

Masuren ist ein Sehnsuchtsort vieler Menschen in Deutschland. Für die einen, weil sie selbst familiäre Wurzeln im Landstrich im Nordosten Polens haben, der bis zum Zweiten Weltkrieg noch Ostpreußen war. Für die anderen, weil sie Bilder gesehen oder Erzählungen gehört haben von den tausend Seen, mäandernden Flüssen, den sanften Hügeln und romantischen Wäldern. Die wilde Natur, die schönen Altstädte und die Geschichte Masurens lassen sich am besten auf einem Roadtrip erkunden – mit viel Zeit zum Wandern, Schwimmen, Kajakfahren oder für Vogelbeobachtung.

Die meisten Reisenden erkunden Masuren von Olsztyn (deutsch: Allenstein) aus, der Hauptstadt der Woiwodschaft Ermland-Masuren. Sie liegt allerdings im Ermland, das historische Masuren beginnt rund 30 Kilometer östlich. Touristenmagnete sind hier Orte wie Mikołajki (Nikolaiken), das am größten masurischen und polnischen See liegt, dem Spirdingsee. Wassersportbegeisterte fahren auch gern zum Segeln nach Gizycko (Lötzen) oder beginnen vom Dorf Krutyń (Kruttinnen) aus einen Kajak-Trip auf dem mäandernden Fluss Krutynia.

Als schönster See Masurens (manche sagen sogar ganz Polens) gilt der Niedersee, der in Form eines Bogens eingebettet in den schönen Wald der Johannisburger Heide still daliegt. Er wurde zur Ruhezone erklärt – Motorboote, die zum Beispiel auf den städtischen Seen in Olsztyn ständig unterwegs sind, sind hier also verboten. Er ist damit ein Paradies für Angler, Schwimmer oder Individualreisende, die auf Waldcampingplätzen Ruhe suchen.

Doch auch abseits dieser Punkte, die mittlerweile vielen Reisenden ein Begriff sind, bietet Masuren tausendundeine Möglichkeit, einen tollen Urlaub zu verbringen. Tatsächlich sind hier über 2000 Seen zu finden. Geheimtipps für besonders schöne Exemplare hat Marian Szymkiewicz auf Lager. Er ist seit vielen Jahren Leiter des Naturmuseums in Olsztyn, das unter anderem mit einer großen Sammlung ausgestopfter Tiere auftrumpfen kann, die annähernd die gesamte Fauna Ermland-Masurens abbildet.

Der Mann, der kurz vor dem Rentenalter steht, ist auch ein leidenschaftlicher Vogelbeobachter, und als solcher kehrt er immer wieder gerne zurück in das Dorf Sasek Mały nahe der Kreisstadt Szczytno (Ortelsburg) mit dem gleichnamigen See, dem Sasek-Mały-See, der einer der schönsten und stillsten in der Region ist.

Entweder ist er ganz früh unterwegs, kurz nach dem Sonnenaufgang oder am Abend, kurz vor dem Sonnenuntergang. Dann sind die Vögel am aktivsten. „Mit etwas Glück sehen wir einen Seeadler. Sie nisten dort hinten in den Bäumen“, sagt er beim Aufbau seines Spektivs und zeigt auf das gegenüberliegende Ufer. „Stare, Teichrohrsänger, Pfeifenten, Zwergdommeln, Kormorane, Silberreiher, Schnatterente“ – all diese Vögel zählt er auf, sie tummeln sich hier bis in den Spätsommer und Herbst hinein, wenn die Störche schon abgereist sind.

Der Storch ist und bleibt allerdings die Hauptattraktion Masurens. Bei der Fahrt zu seinen Lieblingsseen macht Marian Szymkiewicz auf das Dorf Kobułty aufmerksam. Wie in fast in jedem Dorf in der Region findet man die gut sichtbaren Horste der Störche auf hohen Pfählen, Strommasten oder Hausdächern – allerdings noch wesentlich mehr als anderswo. „Das Dorf hat jetzt sieben neue Weißstorch-Kolonien“, erklärt der Museumsleiter. „Mit ganz viel Glück begegnet man im Sommer in Masuren sogar dem Schwarzstorch, aber der ist wesentlich seltener und lebt viel zurückgezogener“.

Ein anderer Lieblingssee von Marian Szymkiewicz liegt weiter südlich: Der Jezioro Stromek bei Mojtyny (Moythienen) gilt als einer der saubersten und ruhigsten Seen der Region. Außer ein paar Angelstellen gibt es hier keine touristische Infrastruktur. „Trauerseeschwalben, Weißflügelseeschwalben, Rohrweihen, Rohrdommeln, auch den Schwarzmilan kann man hier beobachten“, erklärt der Vogelbeobachter.

Von hier aus ist es außerdem nicht sehr weit zu einer Restaurant-Empfehlung des Ortskundigen. Im Karczma u Mazura im Dorf Borki Wielki kann man weit mehr als nur sehr gut gemachte regionale Köstlichkeiten essen und trinken. Nach einer Portion Piroggen, Kartoffelknödeln in masurischer Soße mit Fleischball oder einer kalten und leicht sauren Rote-Bete-Suppe empfiehlt es sich, das Gelände einmal genauer anzuschauen.

Der Restaurantbesitzer ist ein alt eingesessener Masure, der landwirtschaftliche Geräte sammelt, mit denen die Menschen hier in früheren Zeiten die Felder bestellten. Die Geräte stehen wie in einem Freilichtmuseum auf dem großen Hof ausgestellt. Höhepunkt dieses Restaurant-Museums ist aber ein über hundert Jahre altes, original masurisches Holzhaus, das der Besitzer in einem Dorf abbauen und auf seinem Gelände wieder aufbauen ließ. Er füllt es nach und nach mit alten Alltagsgegenständen aus der Region und richtet im oberen Geschoss eine Schulstube mit historischen Bänken und Tischen ein. Hier sollen einmal Menschen masurische Kultur oder auch die alte masurische Sprache lernen.

Wer heute schon an der Geschichte Masurens interessiert ist, fährt am besten in die Kreisstadt Szczytno (Ortelsburg). Ihr Heimatmuseum neben dem Rathaus beherbergt eine der größten und wichtigsten Sammlungen über die Region. Hier können sich Besucher über die Besiedlungsgeschichte von der frühen Steinzeit an über die Bronze- und Eisenzeit bis ins Heute informieren – auch über Details der wandlungsreichen Zeit zwischen den Weltkriegen. Alle Tafeln gibt es auf Englisch und Polnisch. Auf Anfrage kann ein deutscher Übersetzer dazukommen.

In der tollen Sammlung, die Archäologie und Alltagsarchäologie verbindet, lässt sich nachvollziehen, wie Masuren, das lange Ostpreußen war, immer ein Schmelztiegel zwischen den Völkern und insbesondere Preußen und Polen aus dem südlicher gelegenen Masowien war. Besonders in der jüngeren Geschichte hat es krasse Umwälzungen erlebt: Die Nazis wollten es während ihrer Herrschaft komplett eindeutschen, unter anderem, indem sie den Städten und Dörfern neue deutsche Ortsnamen verpassten. Polen hat es nach dem Krieg wiederum polonisiert. Fast die komplette Bevölkerung wurde ausgetauscht durch Flucht und Vertreibung, aber auch freiwilligen Weggang und Zuzug aus Gebieten, die Polen nach dem Krieg verlor. Heute muss man in der Region mit der Lupe Menschen suchen, die noch das alte Masurisch sprechen.

Gleich neben dem Museum, dessen Höhepunkt eine Sammlung mit masurischen Alltagsgegenständen wie Möbeln, Haushalts- und Landwirtschaftsgeräten und Trachten aus dem 19. Jahrhundert bildet, findet sich die Ruine der Ordensburg aus dem 14. Jahrhundert, auf die der Name der Stadt Ortelsburg zurückgeht. Sie ist vorbildlich begehbar gemacht und inszeniert, ein modernes Museum – und sie liegt genau zwischen dem großen und dem kleinen Haussee. Die Seen prägen das Stadtbild von Szczytno, laden ein zu einem Spaziergang oder einem Sprung ins kühle Nass – so wie die meisten masurischen Seen, auch die stadtnahen, öffentliche Einstiegsstellen haben.

Zurück in Olsztyn ist dem deutschen Touristen, der sich tief in die Geschichte der Region versenkt hat, vielleicht nach einer Feier der polnisch-deutschen Freundschaft. Das ist kaum irgendwo so gut möglich wie genau hier in der Altstadt. Durch das Hohe Tor aus dem 14. Jahrhundert gelangt man hinein, schlendert über den Fischmarkt mit dem Heiligen Jakob, dem wichtigsten Schutzpatron der Stadt. Einige Gebäude stehen noch, die schon der Astronom Nikolaus Kopernikus kannte, der im 15. und 16. Jahrhundert in Olsztyn gewirkt hat. Büsten und Statuen erinnern an ihn. Irgendwann erreicht man unweigerlich den Stand von Pawel Pakula an der Stare Miasto 33.

Pawel nennt sich „Prinz der Altstadt von Allenstein“ und betreibt einen Stand mit polnischen und deutschsprachigen Büchern über Olsztyn, das Ermland und Masuren. Tatkräftige Hilfe bekommt er von Traute, einer deutschen Rentnerin, die mittlerweile sogar zeitweise in Olsztyn lebt, um Pawel zu unterstützen. Gerne zeigt er seine dicken Gästebücher mit Einträgen von Menschen, die seinen Stand schon besucht haben, um mit ihm die polnisch-deutsche Freundschaft zu feiern: Die Journalistin Judith Rakers steht zum Beispiel drin oder die Politikerin Rita Süssmuth. Nur zu, tragen Sie sich selbst ein und machen Sie ein Foto mit Pawel Pakula im weiß-roten und schwarz-rot-goldenen Konterfei!

Mehr zur Reise:

Die Masuren sind am besten per Auto oder Zug zu erreichen. Die Autofahrt von Berlin nach Olsztyn dauert etwa 7 Stunden. Ähnlich lange dauert es per Zug, man muss in der Regel einmal umsteigen: in Poznan. Hotels in der Nähe von Olsztyn: Hotel Marina Club (5 Sterne, etwa 200 Euro pro Nacht) in Tomaszkowo am See Wulpinski. Und in Olsztyn: Hotel Przystan & Spa, etwa 160 Euro pro Nacht, das Hotel ist am Stadtsee gelegen.

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