CAMPERVAN MERCEDES-BENZ MARCO POLO: DER ERSTE AUSFLUG IM NEUEN MARCO POLO

Jetzt legt er dich auf Knopfdruck flach, der neue Marco Polo. Denn es gibt nun ein Luftfahrwerk als Option, das Höhenunterschiede von bis zu zwölf Zentimetern ausgleichen kann. Neben der überarbeiteten V-Klasse sind die Neuerungen vor allem im Digitalen zu finden.

Bevor ich schlafe, töte ich ungefähr 134 Moskitos. Kein Wunder gibt es die hier, ich stehe an einem See in Schottland, hier kann ich den Marco Polo Probe fahren, aber auch darin schlafen. Schottland heißt Linksverkehr, enge Straßen, wilde Natur. Die Straßen führen durch romantische Wälder, an Seen entlang, schlängeln sich über die rauen Berge und ziehen sich wellig über tausende kleine Hügel. Das neue optionale Luftfahrwerk Airmatic für rund 3.690 Euro bügelt das alles weg. Es hebt den Komfort des Marco Polo noch mal an. In den engen Kurven liegt der 5,14 Meter lange Van satt, zieht schnell und sicher die Bahn. In den Hügeln schaukelt er sich nicht auf, bleibt souverän in der Feder. In Kombination mit dem teilautonomen Fahren und der erstklassigen Navigationsanlage wird der Daimler dem eigenen Anspruch Oberklasse zu sein, auf jeden Fall gerecht. Da diese Positionierung nochmals klarer sein soll, fällt der Activity (ohne Möbel) auf (dem unwürdigen) Vito erstmal aus dem Programm.

Die Zeichen stehen auf Neuanfang

Der jetzt vorgestellte Marco Polo dürfte allerdings auch nur eine begrenzte Halbwertszeit haben. Daher sind die Neuerungen auch überschaubar, am Campingausbau hat sich nichts Wesentliches geändert, außer dass es nun farbige Möbeloberflächen gibt. 40 Jahre gibt es nun den Marco Polo und 40 Jahre hat ihn die Firma Westfalia in Rheda-Wiedenbrück gebaut, doch in absehbarer Zeit läuft der Vertrag zwischen Mercedes und Westfalia aus und wurde bisher nicht verlängert. Was Mercedes dann vorhat, darüber schweigen sich die Schwaben aus. Kommt der erste E-Camper? Kommt ein V-Klasse-Nachfolger? Die Lippen bleiben auch auf hartnäckiges Nachfragen hin verschlossen.

Es ist damit vielleicht der letzte seiner Art. Basis ist das Facelift der V-Klasse, heißt neuer Kühlergrill und neue LED-Rückleuchten. Und innen markant: das neue Armaturenbrett mit doppeltem Display. Das hat in Sachen Übersichtlichkeit und Modernität einen großen Schritt gemacht. Vor allem das Navigationssystem fällt ins Auge. Es filmt in Echtzeit, die vor einem liegende Situation und blendet bevorstehende Richtungswechsel ein. Beispielsweise führen einen dann Pfeile aus dem Kreisverkehr heraus oder in die Seitenstraße hinein.

Wer mag, kann dabei die teilautonomen Anleihen wie den aktiven Spurhalteassistenten nutzen, der sehr gut funktioniert und nur dezent nervt, wenn der Fahrer mal wieder mehr selber fahren soll. Auch wenn die V-Klasse technisch weitestgehend gleichgeblieben ist, das Luftfahrwerk und der neu gestaltete Armaturenbereich nehmen der V-Klasse ihre letzten Bräsigkeiten.

Die digitalen Neuheiten

Am Campingplatz angekommen, checke ich mal die Campingfunktionen. Auf der App wie auch in der Campersoftware MBAC, die im Fahrzeug aufgespielt ist, lässt sich einiges ablesen oder direkt steuern. Licht an, Licht aus. Wie viel Wasser an Bord ist und wie viel Strom die Batterie gerade noch hat? Die Kühlbox kann gesteuert werden, genauso wie die Heizung. Für rund 2.000 Euro Aufpreis gibt’s auch ein elektrisches Dach, das sich nun auch per App von außen hoch- und runterfahren lässt. Eine komfortable Ergänzung, die den Klappvorgang sehr rückenfreundlich gestaltet. Um dann perfekt eben liegen zu können, kann das optionale Airmatic-Luftfahrwerk konfiguriert werden (das beim Marco Polo mit den Zwangsoptionen Camper Level Control und dem Parkpaket mit 360 Grad-Kamera kommt). Das Fahrzeug nivelliert sich per Knopfdruck so aus, dass es eben steht. Dazu kann jedes Luftfederbein sechs Zentimeter hoch- oder runtergefahren werden. Sprich: Es können Höhenunterschiede von bis zu 12 Zentimetern ausgeglichen werden – was einem hohen Bordstein entspricht. Spoiler: Meine Nacht war angenehm erholsam.

Es zieht die Dunkelheit ein über Schottland. Ich mache per App die Heizung an. Das ist schon praktisch, von oben aus dem Bett alles steuern zu können.

Marco Polo (2024): Daten und Preis

  • Motor: Leistung 163/ 190/ 237 PS, 9-Gang-Automatik, Allrad (4.490 Euro) und Luftfahrwerk (3.689 Euro) optional.
  • Länge/Breite/Höhe: 5,14/1,93/1,99 m
  • Zul. Gesamtgewicht: 3,1 t
  • Personen: 4
  • Preise: ab 70.240 Euro
  • Bettenmaße: unten 2,03 x 1,13 m, oben 2,05 x 1,13 m
  • Ausstattung: Kompressorkühlbox 40 Liter, 2-Flammkocher, elektrisch umlegbare Rücksitzbank, Küchen- und Kleiderschrank, Dieselheizung

Vorstellung des neuen Marco Polo 2023

Mercedes verbindet damit das Versprechen von mehr Luxus. Die höchste Ausstattungslinie Exclusive ziert jetzt sogar ein stehender Stern auf der Motorhaube. Der Marco Polo besitzt immerhin einen Grill mit beleuchtetem Rahmen. Drinnen leuchtet das optionale Ambientelicht in 64 Farben. Neu sind die Armaturenbrett-Landschaft samt Ausströmern, das Multifunktionslenkrad sowie der große Widescreen-Bildschirm zur Anzeige von Instrumenten und Multimedia. Erstmals ist nun auch Keyless-Go möglich.

Fünf neue Lackfarben wird es obendrein geben sowie neue Leichtmetallräder, außerdem bekommt das Heck ein neues Design.

Die Varianten Activity und Horizon sind allerdings nicht mehr zu haben. Zur Orientierung: 2023 gibt es den Marco Polo ab 75.291 Euro. Preissensible plant Mercedes künftig mit der T-Klasse abzuholen. Für sie gibt es dann das "Marco Polo Modul", mit dem die T-Klasse zum Microcamper wird. Wie das funktioniert, erfahren Sie hier.

Preise Mercedes-Benz Vito, V-Klasse und Marco Polo

Den neuen Mercedes-Benz Marco Polo (V-Klasse) gibt es ab 80.005 Euro (vorher ab 75.755 Euro).

Der Vito ist als Mixto ab Listenpreis 46.211 Euro (brutto; vorher ab 39.687 Euro) und als Vito Tourer ab 57.924 Euro (brutto; vorher ab 48.326 Euro). Der E-Vito startet als Kastenwagen ab einem Preis von 63.439 Euro (brutto; vorher ab 54.728 Euro), als Tourer ab 68.398 Euro (brutto; vorher ab 60.678 Euro). Der Listenpreis für die Großraumlimousinen V-Klasse und EQV beginnt bei 59.469 Euro (vorher ab 58.869 Euro) bzw. 75.410 Euro (vorher ab 63.878 Euro). Die Listenpreis-Aufschläge zum Vor-Facelift-Modell betragen so zwischen rund 600 und rund 9.600 Euro; zu berücksichtigen sind dabei die deutlich erweiterten Serienausstattungen.

Die Zukunft wird elektrisch?

Auch wenn der modelgepflegte Marco Polo 2024 nochmals mit Verbrennungsmotor in die nächste Runde geht, ein Fokusthema für die Zukunft des Marco Polo ist die Elektromobilität. Mit der für 2026 geplanten Einführung der modularen und skalierbaren "electric-only" Architektur VAN.EA will Mercedes-Benz das Camper-Portfolio elektrifizieren und erweitern.

"Auf Basis von VAN.EA wird Mercedes-Benz zukünftig sowohl mittelgroße als auch große vollelektrische Reisemobile ab Werk anbieten", heißt es in einer Pressemitteilung von Mercedes-Benz. Die Ankündigung sagt also klar: Es wird einen elektrischen Campervan in EQV-Größe und einen in Sprinter-Größe geben.

Die Messlatte wird direkt hoch angelegt, denn der Hersteller teilt darüber hinaus mit: "Zusammen mit seinen internationalen Reisemobil-Partnern plant die Marke mit Stern dabei, den neuen Industriestandard für Elektro-Reisemobile zu entwickeln." Es wird also spannend, wie die elektrische Zukunft von Mercedes-Benz im Camper-Bereich aussieht und die Schwaben sich den neuen Standard vorstellen. Wer der Partner aus der Caravaning-Industrie ist, bleibt offen. Die bisherige Zusammenarbeit mit Westfalia läuft aus.

Mercedes-Benz Marco Polo Historie

Vor vier Jahrzehnten wurde der Mercedes-Benz Marco Polo geboren, benannt nach dem venezianischen Entdecker. Damals im Jahr 1984 feierte er seine Premiere noch auf Basis des "Bremer Transporters". Seitdem hat er einige Entwicklungsschritte durchgemacht. Das Basisfahrzeug hat letztes Jahr (2023) ein Facelift erhalten und bekommt nochmals frische Technik. Das kommt 2024 auch dem Camper zugute.

1. Marco Polo auf T1 (1984)

Die erste Generation des Marco Polo, basierend auf dem T1, definierte in den 1980er-Jahren das Segment der kompakten Camper neu. Mit charakteristischen Merkmalen wie der Stummelhaube und einem prägnanten Interieur bekam er den Namen "Bremer Transporter". Die Modellpflege erfolgte 1988, wobei das grundlegende Wohnkonzept bis heute erhalten blieb.

2. Marco Polo auf Vito (1996)

Die zweite Generation, basierend auf dem Transporter Vito, wurde 1996 garagentauglicher. Seine Höhe schrumpfte auf unter zwei Meter und der Van bekam ein Aufstelldach. Gleichzeitig erfuhr der Innenraum Verbesserungen in Funktionalität und Komfort: Die Sitz-/Liegebank im Fond steht in einem Schienensystem und wurde so verschiebbar. Die Schränke erhielten Rollläden, der Tisch passt in die Verkleidung der Schiebetür und dank der Fußfeststellbremse gab es neu einen freien Durchgang zum Fond.

3. Marco Polo auf Viano (2003)

In der dritten Generation des Marco Polo 2003 auf Viano, gab es ein elektrisch betriebenes Aufstelldach und Verbesserungen in Funktionalität und Komfort.

4. Marco Polo auf V-Klasse (2015)

Seit 2015 präsentiert sich der Marco Polo in seiner aktuellen Form, basierend auf der V-Klasse. Im Innenraum sind selbst kleinste Details durchdesignt und folgen dem Luxus-Anspruch der Marke. Dazu gibt es technologische Neuerungen wie das Multimediasystem MBUX und die Camper-Bedieneinheit MBAC, mit denen Reisende in einem System alle Funktionen bedienen können.

5. Facelift für Marco Polo und Co. (2023)

Zusammen mit der neuen V-Klasse und ihren Ablegern, dem Vito und dem vollelektrischen EQV, stellt Mercedes 2023 auch das Update des Marco Polo vor. Bemerkenswert dabei ist: Der Ausbau bleibt im Wesentlichen gleich, weil sich die Innenabmessungen kaum verändert haben. Einen ausführlichen Praxistest des Marco Polo gibt es hier.

Mercedes spricht dennoch von einer neuen V-Klasse-Generation: Außen- und Innendesign sind weiterentwickelt, und die Großraumlimousine bei Vernetzung, Multimedia und Assistenten einen großen Sprung nach vorn macht. So kann der Van künftig wieder allein in Parklücken lenken. MBUX samt verfeinerter Sprachsteuerung ist nun Serie, auch beim einfacheren Vito.

Das System erkennt sogar, von welchem Sitzplatz aus ein Sprachbefehl kommt. Die Camping-spezifische MBAC, die beim Marco Polo viele Funktionen überwacht und steuert, wurde weiter optimiert. Via App lässt sich das Ganze aufs Smartphone spiegeln, über das sich zum Beispiel das Aufstelldach öffnen und schließen lässt. Eine nützliche neue Funktion ist die Nivellierung auf einem unebenen Standplatz, sofern man die Airmatic-Vollluftfederung mitbestellt hat.

Nicht nur die V-Klasse gibt es bei Mercedes-Benz als Camper, auch die T-Klasse gibt es als solchen, hier mit Marco-Polo-Campingmodul.

2023-07-26T22:43:09Z dg43tfdfdgfd