ANNALENA BAERBOCK IN SCHWERER SEE: FüNF THEMEN DES TAGES

(Bloomberg) -- Arne Delfs über die widrige Welt einer Außenministerin. — Abonnieren Sie unseren Newsletter Fünf Themen des Tages und erhalten Sie Sonntags das Hauptstadtgeflüster direkt in Ihre Mailbox.

Vorgeführt

Capri — da denkt man an romantische Sonnenuntergänge und die viel besungene Blaue Grotte. Außenministerin Annalena Baerbock dürfte die italienische Ferieninsel allerdings in weniger schöner Erinnerung behalten.

Das dürfte nicht nur an der stürmischen Überfahrt liegen, die Baerbock am Mittwochabend gemeinsam mit ihrem britischen Amtskollegen David Cameron erlebte, mit dem sie zuvor einen Zwischenstopp in Israel eingelegt hatte.

“In diesen stürmischen Zeiten” müssten die G7-Staaten zusammenstehen und ihrer globalen Verantwortung gerecht werden, sagte Baerbock zu Beginn des Treffens. Doch so richtig wetterfest zeigte sich das Bündnis auf Capri nicht. Mehr Patriot-Systeme für die ukrainische Luftabwehr ließen sich nicht auftreiben, und auch der Appell an die israelische Regierung, den Konflikt mit dem Iran nicht weiter zu eskalieren, verhallte ungehört. Noch während die Außenminister tagten, gab es offenbar einen ersten israelischen Drohnenangriff im Iran.

Aber auch Baerbock selbst sah sich auf Capri mit einer israelischen Provokation konfrontiert. Die Bild-Zeitung berichtete am Freitag minutiös über einen heftigen Streit zwischen ihr und dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu, der am Mittwoch in Tel Aviv stattgefunden haben soll und das tiefe Zerwürfnis zwischen den beiden offenbart.

Offen dementieren wollte Baerbock den Bericht nicht. Ihr Ministerium sprach lediglich von “irreführenden” Punkten, die der Artikel enthalte. Ärgerlicher als die Details des Streits ist jedoch die Tatsache, dass Netanjahus Team das vertrauliche Gespräch offenbar gezielt an die Medien durchstach und die deutsche Ministerin damit bloßstellte.

Was Marktteilnehmer heute noch bewegen könnte, berichten Ihnen Rainer Bürgin und Alexander Kell: (De)Eskalation, begrenzte Autonomie, chinesische Tropfenfolter, schnell wieder rauf, und Armani-Aktie?

(De)Eskalation

Israels Reaktion auf die Raketen- und Drohnenangriffe vom letzten Wochenende ließ lange auf sich warten — und fiel nun offenbar recht begrenzt aus. Nachdem eine iranische Nachrichtenagentur von einer Explosion in der zentraliranischen Stadt Isfahan berichtete, in der es neben Militärstützpunkten auch Nuklearanlagen gibt, hieß es aus Teheran später, es habe sich um einen fehlgeschlagenen Sabotageakt mit Drohnen gehandelt. Aus US-Regierungskreise war kurz nach dem Vorfall zu hören gewesen, Tel Aviv habe nun zum Gegenschlag ausgeholt. Die Jerusalem Post berichtete, von israelischen Flugzeugen aus seien Langstreckenraketen auf einen Standort der iranischen Luftwaffe abgefeuert worden. Nuklearanlagen vor Ort seien nicht betroffen, meldeten inzwischen sowohl das iranische Staatsfernsehen als auch die Internationale Atomenergiebehörde. Der Oberbefehlshaber des iranischen Militärs signalisierte, dass Teheran sich nicht gezwungen sieht, auf die Angriffe zu reagieren. “Sie haben die Reaktion des Iran bereits gesehen”, sagte Abdolrahim Mousavi laut der Nachrichtenagentur Mehr. In Isfahan hätten die iranischen Streitkräfte “mehrere Flugobjekte beschossen.” In Israel wird derweil darüber diskutiert, ob die Reaktion auf den iranischen Angriff mit rund 300 Drohnen und Raketen deutlich genug war. Ausschlaggebend dürfte die Absicht gewesen sein, das Gesicht zu wahren, einen echten Krieg zwischen beiden Ländern aber zu vermeiden.

Begrenzte Autonomie

Etliche US-Währungshüter sind noch nicht überzeugt, dass die Teuerung im Land auf gutem Weg zu ihrem Inflationsziel ist. Neel Kashkari, Präsident der Minneapolis Fed, schließt daher nicht aus, dass es in diesem Jahr überhaupt keine Lockerung der Geldpolitik geben wird. “Ich bin der Meinung, dass wir abwarten und geduldig sein müssen”, sagte er in einem Interview mit Fox News. Der geldpolitische Falke hat im Bezug auf die Geldpolitik in diesem Jahr allerdings kein Stimmrecht. Sollte die Fed auf der Stelle treten, kann das diesseits des großen Teichs nicht ohne Auswirkungen bleiben, meint sein EZB-Mitfalke Robert Holzmann. “Ich fände es schwierig, wenn wir uns zu weit von der Fed entfernen würden”, sagte der Österreicher gegenüber Bloomberg in Washington. “Wenn die Fed die Zinsen in diesem Jahr überhaupt nicht senkt, kann ich mir nur schwer vorstellen, dass wir sie drei- oder viermal senken”. Die Richtung aber scheint klar zu sein. Klaas Knot, ebenfalls ein ausgewiesener Falke, sieht selbst bei einem Energiepreisschock nur begrenzte Auswirkungen auf die Inflation im Euroraum. Die SNB ihrerseits hat offenbar kein Problem mit der Markterwartung weiterer Zinssenkungen in der Eidgenossenschaft.  

Chinesische Tropfenfolter

Wie kommt man an das Geld der Anderen? In der Europäischen Union hat es sich eingebürgert, ständig “Solidarität” einzufordern oder Finanzierungsbedarf für alternativlose “Investitionen” zu reklamieren, was besser klingt als etwa “Staatskonsum”. Einen neuen Aufschlag macht der Spanier Carlos Cuerpo, Wirtschaftsminister im Kabinett des Sozialisten Pedro Sánchez. Die EU habe so viele Investitionsvorhaben angehäuft — von der Energiewende über die digitale Strategie bis hin zur Verteidigung —, dass die Mitgliedstaaten dies nicht aus eigener Kraft finanzieren könnten, so der Minister im Bloomberg-Interview. Deshalb brauche es Gespräche über die Aufnahme weiterer gemeinsamer Schulden. Von zwei möglichen Hürden vor dem Griff in die Gemeinschaftskasse akzeptiert Cuerpo nur eine: den politischen Willen. Diesen vorausgesetzt, ließe sich auch eine Karlsruhe-kompatible rechtliche Lösung finden, so der ausgebildete Ökonom. “Wo ein Wille ist, ist ein legaler Weg”, so Cuerpo. Noch hält der freundliche Falke in Berlin der Wasserfolter stand

Schnell wieder rauf

Mit nachlassender Besorgnis vor einer Eskalation der Spannungen zwischen Israel und dem Iran erholte sich auch der Kryptomarkt. Eine erneute Welle von Risikoscheu hatte die Bitcoin-Notierung am frühen Morgen kurzzeitig unter die Marke von 60.000 Dollar gedrückt, womit sie im Tagesvergleich 6% im Minus lag. Im Mittagshandel kostete die weltgrößte Digitalwährung wieder $64.830 und damit rund 2% mehr als gestern. Die anhaltende Gewalt zwischen Israel und dem Iran könne zu einer „allgemeinen Risikoaversion im gesamten Kryptobereich“ führen, sagte Stefan von Hänisch, Handelschef beim asiatischen Digitalwerte-Spezialisten OSL. Um den Optimismus in Bezug auf das Bitcoin-Halving zunichte zu machen, bräuchte es indessen eine „signifikante Bewegung nach unten.“ Mit dem Halving halbiert sich das Token-Volumen, das Miner für ihre Führung des Krypto-Kassenbuchs erhalten und somit das Wachstum der Bitcoin-“Geldmenge”. Der Kryptofonds Nickel Digital Asset Management hat seinen Investoren gerade ein Quartalsplus von 11% berichtet, allerdings darauf hingewiesen, das dies “keine neue Normalität” darstelle. Man werde “nicht jeden Monat 5% schaffen.”

Armani-Aktie?

Drei Monate vor seinem 90. Geburtstag signalisiert Giorgio Armani, dass seinem Modeimperium einmal große Veränderungen ins Haus stehen könnten. Nachdem er jahrelang dafür gekämpft hat, den Mode-Riesen mit seinem Namen unabhängig zu halten, schloss der Designer mit dem Händchen für Milliardenumsätze nun nicht aus, dass das Unternehmen eines Tages mit einem größeren Rivalen fusionieren oder an die Börse gehen könnte. “Die Unabhängigkeit gegenüber großen Konzernen könnte für die Armani-Gruppe auch in Zukunft ein treibender Wert sein, aber ich habe nicht das Gefühl, dass ich etwas ausschließen kann”, erklärte Armani in Reaktion auf schriftlich von Bloomberg vorgelegte Fragen. “Was den Erfolg meiner Arbeit immer ausgemacht hat, ist die Fähigkeit, sich dem Wandel der Zeit anzupassen.” Egal wie teuer eine Armani-Aktie wäre: Um eine Uhr von Greubel Forsey erwerben zu können, würde man viele davon verkaufen müssen, auch wenn der Schweizer Nischenanbieter den Umsatz mit erschwinglicheren Modellen ankurbeln will, die nur 120.000 bis 250.000 Franken kosten.

Was sonst noch passiert ist

Nessun problema!Elefant im PorzellanladenPeak ESG

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